Liebe 2.4mR-Freunde,
die nachfolgenden Seiten werden außerordentlich intensiv angeschaut, wie man aus der Besucherzahl entnehmen kann.
Ihr könnt selbst etwas suchen oder anbieten oder zur Diskussion stellen.
Euer Klassensekretär Detlef, GER 99
Ein paar Gedanken in der ruhigen Zeit.
Noch immer hänge ich den schönen Erinnerungen an die WM in Genua an. Es waren tolle Segelerlebnisse und ein fairer Wettkampf. Wirklich? Ich denke ja …mehr oder weniger. Aber bleibt das auch so? Was macht unsere Klasse aus? Was macht sie so attraktiv?
Gerade für Leute mit ein wenig Segel- bzw. Regattaerfahrung, ich kann die Frage nur für mich beantworten: Ich hab mich seinerzeit regelrecht in dieses kleine knuffige Boot verliebt. Einerseits eine richtige Yacht mit allen Verstellspielereien, andererseits alles in handlicher und vor allem bezahlbarer Größe. Die speziellen Eigenheiten von Einhandseglern möchte ich hier mal außen vor lassen.
Ich hab noch den Spruch im Ohr: „Kauf Dir einen Norlin M3, da kannst Du auf lange Sicht nichts falsch machen“. Das kann ich auch aus meiner bisherigen Erfahrung genau so bestätigen.
Nun rumort es aber seit einiger Zeit in der Klasse. Es sind neue Projekte am Start. Warum? Für mich ist die Antwort klar. Ganz einfach weil es eine Leistungslücke zwischen dem aktuellen Klassenprimus Norlin M3 und den theoretischen Leistungspotentialen gibt die die Klassenvorschrift zulässt. (Warum nur ist je ein Boot mit fast 3cm zu wenig Tiefgang je in Großserie gegangen?) Zu verführerisch erscheint es in diese Lücke zu stoßen um sich einen Geschwindigkeitsvorteil über die Masse der Serien-Norlins zu verschaffen.
Bitte nicht falsch verstehen. Ich möchte diese Leute nicht verurteilen. Sie tun nichts illegales. Und ich gebe zu, mir hat es auch schon in den Fingern gejuckt. Aber ich möchte einfach einmal die Frage in den Raum werfen, ob sich allen bewusst ist was das bedeutet? Wieder eine persönliche Antwort von mir: Wir sind dabei, durch das verständliche Streben nach ständigen Verbesserungen, einen Riesenvorteil unserer Klasse zu verspielen. Wenn eins der neuen Projekte signifikant besser ist als die Masse der Norlins, haben wir ein Problem. Dann ist die wirklich vollzogene Trennung zwischen OD und 2.4mR nach Klassenvorschrift da. Ich denke damit schrecken wir potentielle Neuzugänge ab.
Unsere Klasse war quasi eine Einheitsklasse. Aber nur weil es eine Art Waffenstillstand gab. Jetzt ist das Wettrüsten eröffnet.
Ich bin ja ein bekennender Gesichtsbuch-Verweigerer. Diese Haltung hat dazu geführt, dass ich den größten Teil dieser Diskussion im englischsprachigen Raum regelrecht verschlafen habe. Da gibt es unter anderem schon den sogenannten +22 Club. Die Leute verlängern ihre Kiele auf die in der Klassenvorschrift zugelassenen 1000mm Tiefgang. Weiß jemand wie viele dieser Boote in Genua bereits am Start waren und wo sie gelandet sind? Ich weiß, so ein Vorteil muss sich nicht in der Ergebnisliste wiederspiegeln. Es sitzt ja noch ein Mensch im Boot. Aber den Gedanken zu Ende zu bringen, überlasse ich jedem selbst.
Mit dem Vorschlag von Dee Smith kann ich mich auch nicht recht anfreunden: Er möchte unsere Klasse in drei Wertungsklassen unterteilen: die Offenen….alles entsprechend Klassenvorschrift ist erlaubt; Norlin OD und alle älteren.
Ich möchte aber nicht nur jammern und wehklagen. Diese Zeilen schreibe ich nur weil ich eine Idee habe, wie wir das Problem lösen können.
Alles dreht sich um das aufrichtende Moment. Da ist die Lücke, die größte Stellschraube, die aber von der Klassenvorschrift stiefmütterlich behandelt wird. Sie behandelt die Rumpfform in fast exzessiver Manier. Bezüglich des aufrichtenden Moments wird aber nur das Gesamtgewicht, der maximale Tiefgang und das Flächengewicht für den Rumpf behandelt.
Letzteres kann man praktisch nicht kontrollieren. Man soll dazu nur eine Bestätigung unterschreiben, dass die Rumpfhaut nicht leichter als 3,6kg/m² ist. Alles eingesparte Gewicht darf in den Kiel wandern und damit das aufrichtende Moment vergrößern. Das halte ich für einen Fehler.
Wir haben den Vorteil, dass unser Schiffchen so handlich ist. Wenn man das Boot waagerecht legt und den Schwerpunkt ohne Mast und Baum misst wäre das überhaupt kein großer technischer Aufwand. Es wäre praktisch nur ein spezielles Heißgeschirr nötig. Ein paar Gurte, eine Wasserwaage und eine Talje. Der Abstand zwischen dem Schwerpunkt und der mittleren Schwimmmarke dürfte einen festgelegten Wert nicht übersteigen. Wenn doch wandert ein wenig Blei vom Kiel unter das Deck. Das kennt man von anderen Klassen auch. Dann notiert man noch wieviel Blei im Kiel ist und wieviel unter Deck. Das kann man dann jederzeit stichprobenartig überprüfen.
Dazu wäre aber eine Änderung der Klassenvorschrift nötig. Und die müsste natürlich erst einmal international diskutiert werden. Ich denke es würde sich lohnen. Wir würden weiterhin alle vergütungsfrei gegeneinander auf einer Bahn segeln können. Dann auch ältere Boote.
Was meint Ihr?
Schöne Feiertage und einen guten Rutsch wünscht
Christoph
Lieber Christoph, sei nicht traurig, dass es nach 2 Wochen keine Reaktion auf Deinen Beitrag gab. Die Zeiten scheinen wirklich mehr als ruhig zu sein.
Dabei sprichst du doch ein Thema an, das alle 2.4mR-Segler elektrisieren müsste. Ich war es jedenfalls, hatte mir aber fest vorgenommen nicht der erste zu sein, der Dir antwortet. Da wollte ich doch eigentlich den Offiziellen den Vortritt lassen. Aber nach 2 Wochen...?
Egal, habe ich gedacht, dann versuche ich mal das Forum zu beleben:
Da ich in diesem Jahr kaum zum Segeln gekommen bin, und nicht bei der WM war, ist das alles komplett an mir vorbei gegangen. Der "Club +22" oder "Super3" sagten mir erst mal gar nichts. Jetzt bin ich etwas schlauer und teile Deine Ansicht, dass in der derzeitigen Entwicklung eine Gefahr für unsere Klasse liegt. Auch wenn mir klar ist, dass ich es mit einer Konstruktionsklasse zu tun habe, fand ich das, was Du als "Waffenstillstand" bezeichnest, so sympatisch. Alle (Ausnahmen bestätigen die Regel) fahren mit nahezu identischen Booten. Klar, der eine bastelt etwas mehr als der andere (Mastrutscher, zentrale Wantenverstellung etc.), aber alles hält sich im Rahmen, so wie in anderen internationalen Bootsklassen auch.
Richtig ist natürlich auch, dass ich erst mal vernünftig segeln sollte und dass es für mich "als Held vom Mittelfeld" doch sowieso Wurscht ist, ob ich in einer MK3 oder einer Super3 oder Stradivari sitze. Aber darum geht es nicht!
Es geht um Deine Frage: Wohin geht es mit unserer Klasse? Wer gibt die Richtung an? Was wollen wir Segler?
Ich wünsche mir größt mögliche Chacengleichheit. Ich wünsche mir einen Kurs in Richtung Einheitsklasse. Ich wünsche mir keine Materialschlacht!
Und Dir und der gesamten 2.4mR-Gemeinschaft wünsche ich einen guten Rutsch!
Michael (GER 31)
Danke Michael, ich bin jetzt schon ein bisschen weniger traurig ?
Aber im Ernst ich würde schon gern hören ob Ihr die Idee der Schwerpunktkontrolle für abwegig haltet.
Die absolute Fokussierung auf OD würde doch wiederum alle nicht Norlin Mk3 Besitzer ausgrenzen.
Guten Rutsch
Christoph
Gerne will ich mich an dieser Diskussion beteiligen, allerdings nicht als Sekretär oder Sprachrohr des Vorstands, sondern als aktiver 2.4mR-Segler seit mehreren Jahren. Es ist immer gut, über die Zukunft nachzudenken, aber ich möchte im Folgenden auch die Gegenwart und die Vergangenheit mit in den Blick nehmen:
- An den Bedingungen für unsere 2.4er hat sich nichts geändert. Es gelten nach wie vor die bekannten Vorschriften für die Konstruktionsklasse von 2013 sowie für die Norlin One Design (OD) von 2015.
- Trotz des oben geäußerten Wunsches nach einer Einheitsklasse hat sich diese nicht durchgesetzt. Von den knapp 100 Booten in Deutschland sind 16 nach OD vermessen, Tendenz abnehmend.
- Die „Quasi-Einheitsklasse“ kam dadurch zustande, dass über Jahrzehnte hinweg ein Bootsbauer als Monopolist unsere Schiffe gefertigt hat. Allerdings hat es immer auch Modifikationen am Boot – entsprechend den Regeln – gegeben, in letzter Zeit durch eine Verlängerung des Kiels. Wer, wie, in welchem Ausmaß vom Charger-Norlin abgewichen ist, ist nicht bekannt.
- Dieser Monopolist hat nicht nur die Preise (verständlicherweise nach oben) diktiert, sondern hat nach Berichten von Käufern zunehmend auch qualitativ mangelhafte Schiffe gebaut.
- Dieser Bootsbauer ist in den letzten Jahren zweimal insolvent geworden. Es gab keine Neubauten mehr.
- Damit wurde das Wachstum in unserer Klasse, insbesondere auch bei uns in Deutschland erheblich behindert.
- Aus diesem Dilemma heraus haben sich Aktive in England – unterstützt von einigen Deutschen – entschlossen, eine neues Boot aufzulegen, das einige Modifikationen zum Norlin MK III aufweist (siehe Neues Schiff zu Weihnachten …). Wir haben nunmehr drei Bootsbauer in Europa mit unterschiedlichen Konstruktionen. Diese Konkurrenz begrenzt denn wohl auch die Preisspirale.
- Bisher gibt es keine Hinweise darauf, dass eine bestimmte Konstruktion deutlich schneller ist als unsere bisherigen Boote. Das älteste Boot unserer Flotte, eine Norlin MK III ist von 1996, also 24 Jahre alt, und wird seit Jahren in der nationalen und internationalen Spitzengruppe gesegelt (Rangliste 2019: 4. Platz) von Bernd Zirkelbach. Eine Stradivari mischt seit etlichen Jahren auf den vorderen Rängen mit, gesegelt von Jan ten Hoeve. Die Deutsche Meisterschaft 2018 wurde mit einem für Werbezwecke gebauten Boot gegen Megan Pescoe gewonnen von Heiko Kröger, der wiederum von Megan bei der WM 2019 deutlich geschlagen wurde.
- Daher mein Fazit: Die Boote sind konstruktiv ausgereift. Der längere Kiel wird daran nichts ändern. Es kommt ausschließlich auf die Seglerin oder den Segler an, die steuern.
Mein Beitrag soll dem Eindruck entgegenwirken,
- jetzt wird alles anders
- neue Schiffe sind (so viel) schneller, dass ich mein altes weg schmeißen kann
- von morgen an kauft man sich den Sieg bei uns.
All dies wird nicht eintreten.
Im Gegenteil.
Es kommt weiterhin darauf an, wer im Boot drin sitzt!! Und das ist auch gut so!
Hallo Christoph, zu Deiner Idee der Schwerpunktkontrolle kann ich nichts beitragen. Dazu müssten Menschen etwas sagen, die das verstehen.
Detlef, GER 99
Hallo Detlef,
Ich wünsch mir ja auch so sehr, dass Du recht behältst. Allerdings sagt mir mein Verständnis vom Grundprinzip eines Kielbootes, dass ein Boot mit einem 30mm tieferen Schwerpunkt bei höheren Windgeschwindigkeiten schneller sein muss.
Ob dieser Vorteil so gering sein wird, dass wir ihn in Zukunft nicht merken werden kann natürlich sein. Man kann solch einen Vorteil natürlich sehr schnell wieder zunichte machen. Da gibt es der Möglichketen viele. Eine nicht so gute Trimmeinstellung sollte schon reichen. Oder wenn man ganz schnell in eine falsche Richtung fährt....
Liegt es daran, dass wir hier eine Hinterhofdiskussion führen oder hat wirklich niemand sonst eine Meinung zu diesem Thema?